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Djebel Chambi

Römische Ruinen in SbeitlaSommerurlaub im April und das bei geringer Flugzeit und moderaten Kosten? Logisch, daß ich da über Tunesien stolpere. Dieses Land bestand bisher in meiner Vorstellung nur aus Sand und Meer. Doch schon der erste Reiseführer belehrt mich eines Besseren. Von Hannibal bis Rommel reicht die Geschichte, von grünen Bergen bis zur Sahara die Landschaft.
Als Last-Minute-Pauschaltouristen gelangen wir in ein Hotel in Hammamet. Wir sind recht angetan von der Freundlichkeit der Tunesier, die man zu Zeiten US-amerikanischer Militärschläge in einem islamischen Land nicht unbedingt voraussetzt. Und noch nie haben wir in so kurzer Zeit so viele Freunde gefunden: Teppichverkäufer, Parkplatzwächter, Fremdenführer, Ausflugsanbieter, Kofferträger, Taxifahrer, Kameltreiber etc. Leider währten die Freundschaften in der Regel nur recht kurz, irgendwie kamen unsere neuen Freunde mit meinem Geiz nicht zurecht.
Djebel Chambi Massiv Nachdem wir uns ein paar Tage mit Baden, Sport und Strandwanderungen vergnügt haben, mieten wir ein Auto. Nach einem zeitigen Frühstück verstauen wir Zelt, Decken und Wanderschuhe. Solchermaßen von Pauschal- zu Individualtouristen gewandelt, starten wir bei Sonnenaufgang Richtung Süden. Auf Autobahn und Landstraßen, durch riesige Olivenhaine und blühende Mohnfelder nähern wir uns Kairouan, einer der wichtigsten heiligen Städte des Islam. Aus Zeitgründen lassen wir sie jedoch links liegen und fahren weiter nach Sbeitla, dem alten römischen Sufetula. Obwohl uns der Zahn für Ausgrabungen schon in Karthago gezogen wurde, erwandern wir das Ausgrabungsareal. Wir werden nicht enttäuscht, das Forum mit dem Piusbogen und der Triumphbogen des Diokletian lassen die Ausmaße römischer Baukunst erahnen.
Gipfelrast am Halbmond Unser nächstes Ziel ist Kasserine. Hier soll man die Genehmigung zum Betreten des Chambi-Nationalparks erhalten. Gerade als wir meinen, das Stadtzentrum wieder zu verlassen, entdecken wir rechts der Straße, etwas versteckt, das hiesige Forstamt. Wir werden freundlich begrüßt und mit deutsch-englisch-französischem Kauderwelsch, Händen und Füßen machen wir den Beamten klar, daß wir den Djebel Chambi besteigen möchten. Nach etwa zwanzig Minuten halten wir das entsprechende amtliche Dokument in den Händen. Weiter geht es Richtung Thelepte, doch schon bald biegen wir rechts ab und folgen einer schmalen Straße zum Chambi-Nationalpark. An einer Schranke ist die Fahrt zu Ende. Ein Uniformierter kommt aus seinem Häuschen gestürzt und macht mit eindeutigen Gesten klar, daß wir hier verschwinden sollen. Besucher unerwünscht! Ich halte ihm das Forstamtschreiben unter die Nase und schon hellt sich sein Gesicht etwas auf. Nach ausgiebigem Studium desselben ist alles klar. Weiterfahren dürfen wir nicht, bekommen aber den Platz im Schatten des einzigen Baumes als Parkplatz zugewiesen.
TiefblickeDann wird es einfach, auf einer Asphaltstraße wandern wir zunächst durch Wiesen, später durch dichter werdende Wälder aus Aleppokiefern aufwärts. In endlosen Serpentinen zieht die Straße hinauf. Keine Orientierungsschwierigkeiten, keine Stolper- oder Kletterstellen, nur Teerstraße und glühende Sonne. Ein Nationalparkgefühl will sich nicht einstellen. Nach knapp zwei Stunden erreichen wir den Gipfel, der vom Wahrzeichen des Islam, einem roten Halbmond geziert wird. Die Aussicht ist großartig, bis hinüber nach Algerien reicht der Blick. Lediglich die Sendemasten auf dem Nebengipfel stören etwas. Nach der Gipfelrast wandern wir wieder hinab. Dank einer alten Piste können wir den Weg etwas abkürzen, gelangen in einer steilen Kurve oberhalb des einzigen Gehöfts am Wege wieder auf die Straße. Bleibt nur noch die Hatsch hinab zum Nationalparkeingang.
Über den Chott el Jerid Bergverrückte können an dieser Stelle aufhören zu lesen, was folgt ist allenfalls ein kleiner Reisebericht. Denn wir setzen unsere Fahrt nach Süden fort. Auf kerzengeraden Rollbahnen gebe ich dem Polo die Sporen; beginne, die Verkehrsregeln etwas großzügig auszulegen. Nach einem Überholmanöver trotz Sperrlinie werden wir prompt von einem Polizisten gestoppt. Er verlangt meinen Paß, studiert diesen mit ernstem Gesicht und erklärt mir auf französisch, was ich falsch gemacht habe. Ein Hauch von Staatsmacht weht zum Seitenfenster herein. Ich gebe natürlich alles zu, bemühe mich, meinem Gesicht einen zerknirschten, reumütigen Anstrich zu geben. In Gedanken jedoch zähle ich die Dinar, die noch im Portemonnaie stecken. Mit einem Bonne route! schlendert der Ordnungshüter zurück zu seinem Wagen. Wir schauen uns an, Bonne route? sollte das Gute Fahrt! heißen. Freundlich grüßend fahren wir weiter.
Am Rand der Sahara Über Gafsa und Metlaoui gelangen wir nach Tozeur, legen dort aber nur einen kurzen Stop ein. Dann machen wir uns an die Überquerung des Chott el Jerid, eines riesigen Salzsees. Über einen Damm geht es fast 80 Kilometer kerzengeradeaus hinüber auf die andere Seite. Kein Baum, kein Strauch, kein Tier ist zu sehen: die reine Salzwüste. Wir sind schon ein ganzes Stück gefahren, da tauchen südlich von uns über dem Horizont schwebende geometrische Formen auf. Laut Karte ist in dieser Richtung nichts außer Salzsee, eine Fata Morgana scheint uns zu narren. Am späten Abend erreichen wir Douz, das tunesische Tor zur Sahara. Die Suche nach dem Campingplatz geben wir bald auf, nach einem langen Tag haben wir uns die Betten im Hotel Touareg verdient.
Durch die Wüste von Douz nach Matala Am nächsten Morgen unternehmen wir eine kleine Wüstenwanderung. Nachdem wir Kamel- und Eseltreiber abgeschüttelt haben, erklimmen wir die ersten Dünen der Sahara. Südlich von uns sehen wir nichts außer Sand, nur Sand und trotzdem faszinierend. Durch Oasen fahren wir hinüber nach Zafrane, lassen noch einmal die Einöde auf uns wirken. Dann heißt es jedoch an die Rückfahrt denken. Erst durch Sand-, später durch Steinwüste erreichen wir Matmata, bekannt für seine Höhlenwohnungen. Von da ab rollen wir wieder nach Norden, müssen die Fahrt nur für eine nette Plauderei mit einem englischsprechenden Polizisten unterbrechen.Das Amphitheater in El Djem Einen letzten Stop legen wir in El Djem ein, um das dortige Amphitheater anzuschauen. Es gehörte zu den größten des gesamten Römischen Reiches, faßte mindestens dreißigtausend Zuschauer. Wir kommen uns winzig vor in den Bogengängen des vierzig Meter hohen Bauwerkes.
Am späten Nachmittag stehen wir wieder vor dem Hotel in Hammamet. Der Polo hat elfhundert Kilometer mehr auf dem Tacho und wir sind ziemlich geschafft. Aber von den Eindrücken dieser Fahrt werden wir noch lange zehren.






April 2003

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Djebel Chambi, Kasserine, Tunesien, Dorsale